ENUM - Telefonnummern im Domain Name System

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In der Welt von Voice-over-IP stellt ENUM einen standardisierten Brückenschlag zwischen dem Telefonnummernsystem der klassischen Telefonie und dem DNS dar. ENUM ist dabei ein umfassender Ansatz, der unabhängig von der verwendeten Voice-over-IP- oder einer anderen Kommunikationsanwendung ist und vollständig in das bestehende Domain Name System integriert werden kann.

Was ist ENUM?

ENUM steht für Telephone Number Mapping ("Telefonnummernabbildung"), einem Protokoll zur Integration des klassischen Telefonnummernsystems in das Domain Name System. Entwickelt wurde ENUM von der ENUM Working Group, einer offiziellen Arbeitsgruppe der IETF, die sich als Ziel setzte, das vorhandene Telefonnummernsystem möglichst homogen und ohne Änderungen am Telefonnummernsystems in das DNS zu integrieren (siehe hierzu auch Standardisierung im Internet). Das Ergebnis wurde im RFC 3761 veröffentlicht und ist seit diesem Zeitpunkt offizieller Standard im Internet.

Herzstück von ENUM ist eine eigene Subdomain, die nach einiger Diskussion unterhalb der Top-Level-Domain ".arpa" integriert wurde: ".e164.arpa" Die Subdomain "e164" ist hierbei eine deutliche Reminiszenz an das bestehende Telefonnummernsystems, denn E.164 ist die offizielle Bezeichnung des Standards für den internationalen Telefonnummernplan der International Telecommunication Union (ITU). Jeder der einmal aus dem Ausland nach Deutschland telefoniert hat, weiß, dass die internationale Vorwahl Deutschlands die 49 ist - dies ist festgelegt im E.164-Standard der ITU.

ENUM ist in der Tat eine wichtige Säule zur Verbindung zwischen der klassischen Telefonie und dem Internet. Mit ENUM wird es möglich, auf eine einheitliche, standardisierte Weise Telefonie-Gerätschaften im Internet zu adressieren und Voice-over-IP-Anwendungen mit den klassischen Telefonnetzen zu verbinden.

Aufbau von ENUM-Adressen

Der Aufbau von ENUM-Adressen innerhalb der ".164.arpa"-Subdomain ist ähnlich aufbaut, wie das System der Reversiblen Auflösung im DNS (siehe hierzu auch Domain Name System). Nehmen wir als Beispiel die Rufnummer der Stadtverwaltung Pforzheim, diese lautet innerhalb Deutschlands 07231 39-0. Soll die Rufnummer außerhalb Deutschlands angewählt werden, wird die Landesvorwahl davor gesetzt und bei der Ortsnetzvorwahl die führende Null weggelassen:

+49 7231 39-0

Internationale Schreibweise einer Telefonnummer

Das Pluszeichen vor der Landesvorwahl ist übrigens ein Platzhalter für die jeweils landestypische Kennzahl für Auslandsvorwahlen. In den meisten Ländern ist dies die Doppelnull, gelegentlich aber auch zwei Mal die Ziffer Neun.

In der ENUM-Schreibweise wird nun die gesamte, in internationaler Schreibweise vorliegende Telefonnummer umgekehrt und vor der Landesvorwahl jegliche landestypische Kennzahl weggelassen, so dass die obige Telefonnummer folgendermaßen aussieht:

0.9.3.1.3.2.7.9.4.e164.arpa

ENUM-Schreibweise einer Telefonnummer

Mit diesem Aufbau ist nun die herkömmliche Telefonnummer adäquat im Domain Name System integriert und kann auch mit den gleichen, hierarchischen Mechanismen genutzt werden. Da DNS-Adressen hierarchisch aufgebaut sind und von der Top-Level-Domain aus gelesen werden, in unserer bekannten Schreibweise also von rechts nach links, kann nun in der ENUM-Schreibweise auch eine Telefonnummer einheitlich abgebildet werden:

ENUM-Adressaufbau
Aufbau einer ENUM-Adresse

Wie funktioniert ENUM im Detail?

DNS-Einträge für ENUM

Um ENUM-Einträge in das bestehende Domain Name System zu integrieren, wird ein besonderer Eintragstyp verwendet, der so genannte NAPTR-Eintrag (Naming Authority Pointer). NAPTR-Einträge werden dazu genutzt, um eine DNS-Adresse zu einem anderen Adresstyp umzuschreiben. Im Falle von ENUM wird ein NAPTR-Eintrag dazu verwendet, eine Telefonnummer in ENUM-Schreibweise zu einer Adresse umzuwandeln, die zu einem Rechner zeigt, auf dem eine Telefonieanwendung läuft. So ein NAPTR-Eintrag kann folgendermaßen aussehen:

0.9.3.1.3.2.7.9.4.e164.arpa IN NAPTR 100 10 "u" "E2U+sip" "!^.*$!sip:test@test.com"

Ein NAPTR-Eintrag entspricht genau den Richtlinien für DNS-Einträge (siehe auch Das Domain Name System im Detail): Domain - Klasse - Typ - Eintrag.

Die einleitende Spalte enthält die Telefonnummer in vollständiger ENUM-Schreibweise, inklusive der e164.arpa-Suffix. Die nächsten beiden Spalten "IN" und "NAPTR" enthalten die Klasse ("IN" für Internet), respektive den DNS-Eintragstyp ("NAPTR" für "Naming Authority Pointer").

Die nächsten beiden Spalten sind numerische Felder und stehen für "Order" (Reihenfolge) und "Preference" (Präferenz). Das Order-Feld gibt an, in welcher Reihenfolge Einträge abgearbeitet werden sollen, wenn es mehrere Einträge für eine gleiche Adresse gibt; begonnen wird dann jeweils mit dem Eintrag mit dem kleinsten Wert. Ähnliche Funktion besitzt das Preference-Feld, auch hier gilt, dass je niedriger der Wert ist, desto höher die Präferenz. Die Möglichkeit zur Angabe von Wertigkeiten für ein und dieselbe Telefonnummer ist beispielsweise interessant, wenn verschiedene Telefoniedienste (siehe nächster Absatz) angeboten werden und ein bestimmter Dienst bevorzugt werden soll.

Die nächsten beiden Spalten stehen für das so genannte "Flag" (Kennzeichnung) und Dienst. Für die Kennzeichnung gibt es derzeit lediglich "u", das für URL steht - die einzige Kennzeichnungsform. Bei der Angabe des Dienstes gibt es mehrere Optionen, je nach dem, welcher Dienst am Zielrechner angeboten wird. Für den Voice-over-IP-Dienst SIP lautet die Dienstkennzeichnung beispielsweise "E2U+sip". Der Teil "E2U" steht hierbei als Abkürzung für "ENUM to URL".

Der letzte Teil eines NAPTR-Eintrages ist schließlich der spannendste; er enthält nämlich die eigentliche Adressen, auf die der NAPTR-Eintrag zeigt. Im obigen Beispiel zeigt die ENUM-Rufnummer mit einer "sip:"-Protokollbezeichnung auf die Adresse "test@test.com". Die Zeichenfolge vor dieser Adresse und dem Ausrufezeichen (also hier die Zeichenfolge "!^.*$") ist ein so genannter regulärer Ausdruck. Hier sorgt dieser Ausdruck dafür, dass die ursprüngliche ENUM-Zeichenfolge vollständig durch sip:test@test.com ersetzt wird. Andere Möglichkeiten zur Verwendung von regulären Ausdrücken an dieser Stelle gäbe es beispielsweise, in dem die übergebene Rufnummer umgewandelt an eine Zieladresse angehängt wird, um diese bei der Rufweitergabe mit anzuhängen.

Nummernauflösung

Neben der Fragestellung, wie Telefonnummern im DNS abgelegt werden können, stellt sich die Hauptfrage, wie Telefonnummern im Falle eines Anrufes aufgelöst werden können. Genauer: Wie funktioniert ENUM im Detail, wenn eine herkömmliche Telefonnummer gewählt wird und ein Gerät im Internet erreicht werden soll?

Ähnlich wie im herkömmlichen Telefonsystem arbeitet auch ENUM dezentral. Im herkömmlichen, internationalen Telefonverkehr ist es beispielsweise bei einer Telefonverbindung zwischen den USA und Deutschland erst einmal uninteressant, wo in Deutschland die Pforzheimer Ortsvorwahl 07231 hinführt; mit der Landesvorwahl 49 wird in einem US-amerikanischen Telefonnetz angezeigt, dass die dahinterliegende Rufnummer in Deutschland liegt, dementsprechend wird von den USA eine internationale Verbindung in das deutsche Telefonnetz geschaltet. Dort erfolgt dann die weitere Ausführung des Verbindungswunsches, eben die Weiterleitung an eine Vermittlungsstelle Pforzheim. Dort wiederum wird das Gespräch an die jeweilige Rufnummer vermittelt und das Telefon am anderen Ende klingelt.

Telefone oder andere Telekommunikationsgeräte, die eine ENUM-Unterstützung integriert haben, machen bei einem Verbindungswunsch eine DNS-Abfrage. Dazu wird die Telefonnummer in ENUM-Schreibweise abgefragt. Existiert ein ENUM-Eintrag, wird dieser entsprechend ausgewertet und eine Verbindung über das Internet zum ermittelten Rechner aufgebaut. Ist für die Zielrufnummer kein ENUM-Eintrag vorhanden, kann das Telekommunikationsgerät - je nach entsprechender Vorbereitung - eine Verbindung über das herkömmliche Telefonnetz aufbauen.

Verwaltung des ENUM-Adressraumes

Die oberste Hierarchie im ENUM-Adressraum, also die Verwaltung der Suffix "e164.arpa", wird vom RIPE in den Niederlanden aus verwaltet. Diese oberste Hierarchie enthält alle Landesvorwahlen, die am ENUM-Betrieb teilnehmen, und delegiert diese an die nationalen ENUM-Verwaltungen weiter. In Deutschland wird dieser ENUM-Betrieb vom DENIC in Frankfurt abgewickelt, in Österreich von der enum.at GmbH im Auftrage der österreichischen Rundfunk- und Telekom Regulierungsgesellschaft und in der Schweiz vom SWITCH.

ENUM im Testbetrieb

ENUM mag zwar aus technischer Sicht ausgereift sein, um so mehr Fragen gibt es jedoch noch aus Verwaltungssicht. Beispielsweise muss sichergestellt sein, dass innerhalb eines Landes eine berechtigte und technisch fähige Stelle die ENUM-Verwaltung übernimmt. Das ist in vielen Ländern die gleiche Stelle, die auch die nationale Top-Level-Domain verwaltet, dennoch muss diese ENUM-Verwaltungsstelle neben der Expertise im Internet-Bereich auch Erfahrungen in der klassischen Telefoniewelt haben. Ein anderes, wichtiges Thema ist, dass sichergestellt werden muss, dass auch nur der tatsächliche Besitzer einer Telefonnummer einen ENUM-Eintrag in Auftrag geben darf, um unberechtigte ENUM-Einträge zu verhindern.

Weiterführende Links

http://www.denic.de/de/enum/
Deutschsprachige Informationen über ENUM beim DENIC.

http://www.enum.at/
Homepage der offiziellen ENUM-Verwaltung in Österreich

http://www.ripe.net/enum/ englischsprachige Seite
Offizielle, internationale Registrierungsstelle für ".e164.arpa" bei RIPE NCC.

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